Mit der Übernahme von Affinity durch Canva im Frühjahr 2024 begann eine strategische Neuausrichtung, deren Wirkung sich jetzt in vollem Umfang zeigt. Mit der Veröffentlichung der neuen Affinity Suite am 31. Oktober 2025 präsentiert Canva eine All-in-One-Lösung für kreatives Arbeiten, die traditionelle Grenzen zwischen Disziplinen, Anwendungen und Preismodellen auflöst. Das Besondere: Die Suite ist in ihrer Basisversion vollständig kostenfrei und vereint Bildbearbeitung, Illustration und Layout unter einer Oberfläche professionell, performant und ohne Abonnementpflicht. Gleichzeitig lässt sich Affinity über eine optionale Verbindung mit Canva Premium um KI-gestützte Funktionen erweitern, wodurch sich Workflows automatisieren und Inhalte generativ ergänzen lassen.
Damit greift Canva eine Bewegung auf, die wir bereits in unserem Beitrag zu den neuen Canva-KI-Funktionen beschrieben haben: Der Fokus liegt zunehmend nicht mehr auf einzelnen Werkzeugen, sondern auf verbundenen Prozessen, auf Plattformen, die Gestaltung, Daten, Zusammenarbeit und Künstliche Intelligenz nahtlos miteinander verknüpfen.
Vom Dreiklang zum Komplettpaket
Die frühere Aufteilung in Affinity Photo, Designer und Publisher gehört mit der neuen Version der Vergangenheit an. Statt drei separaten Anwendungen gibt es nun ein einheitliches Studio, das alle Disziplinen bündelt. So können Fotoretuschen, Vektorillustrationen und Layout-Designs in einem Dokument entstehen, ohne zwischen Programmen wechseln zu müssen. Zwischen Pixel- und Vektorebene lässt sich per Klick umschalten, Text- und Satzfunktionen stehen kontextsensitiv bereit. Das spart nicht nur Zeit, sondern verändert auch den kreativen Prozess selbst: Aus sequentiellen Arbeitsschritten wird ein fließender, experimenteller Raum für Ideen.
Technisch zeigt sich Affinity leistungsfähiger und stabiler als je zuvor. Die neue Engine nutzt GPU-Beschleunigung, Multi-Core-Optimierung und native Metal-Unterstützung auf dem Mac. Dateien werden in Echtzeit gerendert, große Dokumente bleiben trotz vieler Ebenen flüssig bearbeitbar. Unterstützt werden Formate wie PSD, AI, PDF, SVG, TIFF und HEIF – was den Austausch mit Adobe- oder Corel-Umgebungen ebenso ermöglicht wie die direkte Integration in Druck- oder Webprozesse. Eine iPad-Version ist für Anfang 2026 angekündigt und soll die plattformübergreifende Nutzung abrunden.
Ein neues Preismodell: Offen, flexibel, skalierbar
Canva positioniert Affinity bewusst als Gegenentwurf zu den klassischen Abo-Strukturen der Kreativbranche. Die Basisversion bleibt kostenlos und bietet Zugriff auf alle Kernfunktionen, inklusive unbegrenzter Dokumente, vollständiger Exportoptionen und Farbmanagement. Wer erweiterte KI-Funktionen nutzen möchte, aktiviert über die Verbindung zu Canva Premium ein flexibles Add-on-System. Dabei entstehen keine verpflichtenden Langzeitverträge – es bleibt ein optionales, modulares Modell.
Das Ziel: Professionelles Designwerkzeug für alle zugänglich machen. Studierende, Bildungseinrichtungen, Non-Profits und kleine Agenturen können Affinity ohne Investitionsbarrieren nutzen. Für größere Teams oder Unternehmen mit hohen Automatisierungsanforderungen stehen über Canva erweiterte Funktionen wie Markenverwaltung, Teamfreigaben und Cloud-Speicher bereit. Damit ist Affinity nicht nur ein kreatives Tool, sondern Teil eines größeren Ökosystems für visuelle Kommunikation.
Nahtlos verbunden: Zusammenarbeit und Integration mit Canva
Ein zentrales Merkmal der neuen Suite ist ihre tiefe Integration mit der Canva-Plattform. Projekte lassen sich in beide Richtungen synchronisieren: Designs aus Canva können in Affinity geöffnet, dort präzise weiterverarbeitet und anschließend wieder in Canva veröffentlicht werden. Marken-Assets – Logos, Farbpaletten und Schriftfamilien bleiben dabei erhalten und werden automatisch mitgeladen. Umgekehrt kann ein in Affinity erstelltes Magazinlayout in Canva als Grundlage für Social-Posts, Präsentationen oder Animationen dienen.
Dieser Wechsel zwischen Online-Kollaboration und Desktop-Präzision zeigt den Anspruch der neuen Suite: Affinity soll kein isoliertes Tool sein, sondern ein Bindeglied zwischen Idee, Umsetzung und Veröffentlichung. Besonders für Teams, die in hybriden Umgebungen arbeiten, entsteht so ein konsistenter Workflow vom Entwurf über Freigaben bis zur finalen Publikation.
KI im Werkzeugkasten: Unterstützung statt Übernahme
Die Integration von Künstlicher Intelligenz in Affinity folgt demselben Prinzip wie bei Canva: KI versteht sich als Werkzeug zur Prozessbeschleunigung, nicht als Ersatz kreativer Arbeit. Wer die Verbindung zu Canva Premium herstellt, erhält Zugang zu Funktionen wie Generative Fill, automatischer Hintergrundentfernung, intelligentem Farbabgleich oder Layout-Vorschlägen.
Ein Beispiel: Eine Designerin importiert ein Produktfoto, entfernt den Hintergrund automatisch, füllt die Szene mit neuen Elementen und generiert ergänzende Varianten und das alles innerhalb weniger Minuten. Gleichzeitig bleiben alle Schritte nachvollziehbar und manuell editierbar. Im Hintergrund sorgt Canva Shield für inhaltliche Prüfung, Urheberrechtskontrolle und Prompt-Sicherheit ist ein Schutzmechanismus, der sich bereits im Canva-KI-System bewährt hat.
Effizienz in der Praxis: Neue Workflows, weniger Reibung
Die Auswirkungen auf den Arbeitsalltag sind deutlich. Wo früher zwischen Photo, Designer und Publisher gewechselt wurde, genügt jetzt eine Oberfläche. Die Anwendung ermöglicht schnelle Medienwechsel, eine konsistente Typografieverwaltung und flüssiges Arbeiten auch bei großen Projekten.
Praxisbeispiele zeigen den Nutzen:
- Eine Agentur entwickelt in Affinity ein Corporate-Design-System und exportiert daraus Präsentationen, Social-Assets und Druckdateien direkt in Canva.
- Ein Verlag erstellt Editorial-Layouts, bindet Daten aus Tabellen ein und generiert per KI automatisch Bildvarianten für verschiedene Zielgruppen.
- Ein Bildungsprojekt arbeitet kollaborativ: Studierende gestalten offline in Affinity, Lehrende prüfen und veröffentlichen online über Canva.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie Plattformintegration, lokale Leistung und KI-Unterstützung zusammenwirken und zwar nicht als Selbstzweck, sondern zur Vereinfachung realer Arbeitsabläufe.
Zwischen Markt und Mindset: Affinity als Signal
Mit dem Relaunch setzt Canva ein starkes Zeichen gegen die Fragmentierung des Kreativmarktes. Während Adobe weiter auf ein vollumfängliches Abo-System setzt, kombiniert Affinity freie Nutzung mit optionaler Erweiterung. Eine Strategie, die langfristig den Wettbewerb um Preis, Leistung und Zugänglichkeit neu definiert.
Doch es geht um mehr als Marktanteile: Es geht um den Wandel im Selbstverständnis digitaler Gestaltung. Kreativität wird zunehmend als kollaborativer, datengetriebener Prozess verstanden. Einer, der zwischen Mensch, Maschine und Medium vermittelt. Affinity verkörpert diesen Wandel: als Werkstatt für Präzision, als Tor zur Automatisierung und als Brücke zur Plattformökonomie.
Offene Fragen und Ausblick
Wie bei jedem großen Versionssprung bleiben Fragen offen. Viele langjährige Nutzerinnen und Nutzer begrüßen die neue Offenheit, äußern jedoch auch Bedenken bezüglich Performance und der Zukunft der klassischen Einmallizenz. Die bisherige Version 2 wird weiterhin unterstützt, erhält aber voraussichtlich weniger Feature-Updates. Die iPad-Version ist angekündigt, aber noch nicht verfügbar. Und auch der Umfang der KI-Funktionen könnte sich in Zukunft erweitern, abhängig von den Lizenzmodellen im Canva-Ökosystem.
Unabhängig davon steht fest: Die neue Affinity Suite ist mehr als ein Update. Sie ist ein strategischer Paradigmenwechsel, von isolierten Programmen hin zu einer offenen, vernetzten und skalierbaren Kreativplattform.
Fazit: Ein Studio statt einer Sammlung
Die neue Affinity Suite markiert den nächsten logischen Schritt in Canvas Vision, kreative Arbeit zugänglicher, vernetzter und effizienter zu gestalten. Sie vereint Präzision und Einfachheit, Desktop-Stabilität und Cloud-Komfort, menschliche Intuition und maschinelle Unterstützung. Damit entsteht ein Werkzeug, das sowohl Einsteigerinnen als auch Profis anspricht: frei in der Nutzung, klar im Aufbau, flexibel im Wachstum.
Für Designerinnen, Kommunikationsverantwortliche und Teams aller Größen bietet Affinity einen neuen Standard, nicht als Alternative, sondern als neue Definition professioneller Kreativsoftware. Und wer bereits mit Canva arbeitet, findet darin eine vertraute, aber erweiterte Umgebung, in der sich Ideen nahtlos von der Skizze bis zur Veröffentlichung entwickeln lassen.
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